Jörg Hagge

Jörg Hagge

„Ich bin ein Berliner“, stimmt zwar nicht, aber das waren die bekannten Worte J.F.Kennedy’s bei seinem Besuch in Berlin im Jahr 1963, das Jahr in dem er auch Opfer eines Attentats wurde. Die Äußerung „I have a Dream“ des Bürgerrechtler‘s Martin Luther King ging ebenfalls in die Geschichte ein und in West-Berlin wurde erstmals Joghurt in einem Kunststoffbecher verkauft.

 

Ganz unspektakulär, im Schatten dieser Ereignisse, wurde ich im Mai 1963 in Rendsburg geboren. Seitdem lebe ich zwischen Nord- und Ostsee in Schleswig Holstein, dem „wahren“ Norden Deutschlands. 30 Jahre später heiratete ich die „Best-off-Version“ aller Frauen. Kurz darauf kamen noch zwei Kinder hinzu.

 

Federzeichnung der Gorch Fock gemalt von Jörg Hagge 1977
Gorch Fock gezeichnet 1977

Schon in der Grundschule ging meine „Kreativität“ mit mir durch. Im Unterricht wurde ich dabei erwischt, als ich eine nackte Frau malte. Ich fand es nicht schlimm, meine Lehrerin schon. Anstatt in der Ecke zu stehen musste ich sogar vor die Tür und meine Eltern später zu einem persönlichen Gespräch. Dabei hatte ich nur alles abgemalt was in einem Buch über Scriptol-, bzw. Federzeichnungen zu finden war, und jedes Bild solange gemalt, bis es so aussah wie in dem besagten Buch (die Zeichnung wurde leider konfisziert).

 

Dann kam die Zeit wo ich keine Zeit mehr hatte. Hausbau, Beruf, Selbstständigkeit usw. Es folgte ein "Burn Out" und nach Abschluss aller diesbezüglicher Therapien kam die Diagnose Parkinson, frei nach dem Motto, schlimmer geht immer. Herr Hagge was tun sie für sich? Lautete die Frage einer Therapeutin. Nicht viel, weil keine Zeit! Was wollen sie für sich tun? Das war der Wendepunkt! Ich fing an mir Zeit zu nehmen. Bastelte hier und da, probierte alles Mögliche aus, ziel- und wahllos. Es machte einfach nur Spaß. Alte Talente blühten auf und neue Talente wurden entdeckt. Aber viel wichtiger war es den Kopf frei zu bekommen und es funktioniert(e). Ich habe in dieser Zeit gelernt das Geld einen viel zu hohen Stellenwert im Leben einnimmt. Man ist geneigt, darüber hinaus seine Familie und seine Gesundheit zu vernachlässigen; das wirklich kostbarste im Leben!

Federzeichnung eines Bernhardinerkopfes gezeichnet 1974 von Jörg Hagge
Bernhardiner gezeichnet 1974

Nun sind wir da - im hier und jetzt. Den Gegner Zeit habe ich in die Ecke gedrängt, aber gleichzeitig einen neuen Herausforderer in den „Ring“ bekommen, Mr. Parkinson. Trotz aller Stärke und Willenskraft muss ich vor ihm auf die Knie gehen, wenn er es will. Wir kämpfen mittlerweile nicht mehr, denn ich musste lernen mich mit ihm zu arrangieren. Wenn er es zulässt kann ich ein wenig arbeiten, bzw. meiner Kreativität freien Lauf lassen. 

 

Am liebsten arbeiten meine Frau und ich (soweit es mir möglich ist) mit Dingen die uns die Natur zur Verfügung stellt (Treibholz, Seeglas, Muschelschalen, Strandsteine, Bernsteine, Holz usw.). Dabei wir auch gerne die Herausforderung des „Upcyclings“ angenommen, warum wegwerfen, wenn man noch etwas Schönes daraus machen kann. Auch im Urlaub wird das Angenehme mit dem  Nützlichen verbunden: suchen und sammeln. Unsere „Jagdgründe“ reichen vom Limfjord bis hinunter zur Insel Rømø, dann St.Peter Ording. An der Ostsee suchen wir hauptsächlich in der Eckernförder Bucht (oder wo sich gerade die Gelegenheit bietet). 

 

Alter Mann gezeichnet 1975 von Jörg Hagge
Alter Mann gezeichnet 1975

"DA"

Eigentlich bin ich doch immer „DA“ ,

wenn nicht, vielleicht weil schlimmes mir geschah!?

 

Bin auch gerne mal im Geiste fort,

auf der Reise nach einem anderen Ort.

 

Aber, hier ist doch wo ich jetzt stehe,

und „DA“ ist doch wohin ich sehe?

 

Ja schwierig ist’s mit diesem Wort,

vor allem wenn ich hier bin und nicht dort!?

 

Mich schwindelt‘s schon, alles dreht sich im Kreise, also geh ich besser nicht auf die Reise!

 

Aber dann wäre ich ja wieder hier und nicht „DA“ , so langsam ist mir nichts mehr klar.

 

Ich fange an die Haare mir zu raufen, war nicht weg und hab trotzdem mich verlaufen!?

 

Ich denke nach und zupf an meinem Kinn, weiß nun gar nicht mehr wo ich jetzt bin!

 

Die einzige Lösung, das dachte ich mir so,

ich bin nicht „DA“ , sondern irgendwo.

 

Da passt die Welt ich bin zufrieden,

nur das „DA“ ist auf der Strecke geblieben.

 

Was soll’s, ich stehe ja noch immer hier,

nur Du bist dort, weit weg von mir.

 

Drum schließ ich meine Augen und denk an dich, dann bin ich „DA“ und umarme Dich.

 

(C) Jörg Hagge 2017

 

MANCHMAL

Manchmal denke ich wie ein kleines Kind,

fühle mich wie ein Vogel frei im Wind. Losgelöst und ohne Sorgen, flieg ich durch die Luft, denke nicht an morgen.

 

Manchmal frag ich mich, wo ist das Glück geblieben, warum nur wurde es vertrieben. Dunkelheit wohin ich schaue, niemand ist da dem ich vertraue.

 

Manchmal frisst die Angst mich auf, zum Himmel dann ich schau hinauf. Zweifel an Gott und der Gerechtigkeit, am Guten im Menschen und der Barmherzigkeit.

 

Manchmal suche ich den Sinn des Lebens, oder ist es vielleicht vergebens. Frag mich wer ich bin und wohin es geht, alles Fragen die einmal der Wind verweht.

 

Manchmal kullert eine Träne einsam und verloren, im Herzen erzeugt und im Auge geboren. Sie ist mein Freund an manchen Tagen, kommt dann wenn andere mich verlassen haben.

 

Manchmal kommt ein Sonnenschein, will mich aus der Dunkelheit befreien. Er wärmt mein Herz und lässt es schneller schlagen, löscht die Gedanken aus dunklen Tagen.

 

Manchmal könnte ich die Welt umarmen, mich sogar für meine Feinde erbarmen. Freude, Liebe,  Zuversicht, zaubern dann ein Lächeln in mein Gesicht.

 

Manchmal ist doch nicht alle Tage, was überwiegt wäre eine interessante Frage. Ist das Gute in der Überzahl, dann ist das Schlechte eben nur,…..manchmal.

 

(C) Jörg Hagge 2017

 

Veröffentlicht im:

"Jahrbuch für das neue Gedicht"

"Gedicht und Gesellschaft 2020"

Seite 327

Herausgeber:

Frankfurter Bibliothek

Brentano Gesellschaft

ISBN 978-3-8267-0103-3

Federzeichnung Toppsgast auf dem Fusspeerd Jörg Hagge 1977
Toppsgast auf dem Fusspeerd gezeichnet 1977

"GRAUSIGE SEE"

Ein Schiff stampft  durch‘s Wellengetöse,

Gebete zu Gott auf das er uns davon erlöse.

Sturm peitscht über das Meer,

tapfer setzt sich der Bug zu Wehr.

 

Sicherer Hafen noch weit in der Ferne liegt,

knarrendes Schiff sich in der See verbiegt.

Blitze, Gischt und Donner  wohin man schaut,

Wellen so hoch, das man den Augen kaum traut.

 

Schaumkronen leuchten weiß wie Schnee,

gesprochen wird oft von  grausiger  See,

verschluckt Schiffe mit Mann und Maus,

holt sich sogar an Land noch so manches Haus.

 

Doch Mensch schau mal genauer hin,

dann kommt Dir etwas anderes in den Sinn,

die See ist nicht grausig wie oft gedacht,

es ist der Wind der den Zorn des Meeres entfacht!

 

(C) Jörg Hagge   10.2018


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